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Assaf Bidermann, Gründer und CEO von Superpedestrian
Superpedestrian

Assaf Bidermann, Gründer und CEO von Superpedestrian

Interview mit Assaf Biderman, Gründer und CEO von Superpedestrian, sowie Mitentwickler des Copenhagen Wheels

2012 wurde im Umfeld des Massachusetts Institute of Technology (MIT) das Startup Superpedestrian gegründet, dessen erstes Produkt das sogenannte Copenhagen Wheel ist. Mit dieser Erfindung kann nahezu jedes gewöhnliche Fahrrad in ein elektrisches Hybridrad umgewandelt werden. Wir berichteten bereits Anfang 2013 über den Prototypen. Seitdem ist das Unternehmen kräftig gewachsen und das Copenhagen Wheel wird mittlerweile in Großserie produziert. Den gestrigen Marktstart in Deutschland wollen wir zum Anlass nehmen, dem Gründer und Geschäftsführer von Superpedestrian, Assaf Biderman, ein paar Fragen zu stellen.

1) Herr Biderman, Sie sind Geschäftsführer von Superpedestrian und Miterfinder des Copenhagen Wheels, einem Hinterrad mit integriertem Elektroantrieb, das jedes Fahrrad in ein E-Bike verwandeln soll. Warum heißt Ihr Unternehmen Superpedestrian, also Superfußgänger?

Mit der Unternehmensgründung kam für mich die Frage auf, wie wir auch im Unternehmensnamen unseren Anspruch verdeutlichen etwas Besonderes und Neues zu schaffen. Wir wollen einerseits Technologien entwickeln, die nicht einfach nur nützlich sind, sondern mit denen Mobilität wieder Spaß macht und mit denen es, kurzgesagt, einfach „super“ ist sich zu bewegen. Dabei wollten wir uns auf der anderen Seite nicht ausschließlich auf Zweiräder beschränken und sind daher beim Namen von der ursprünglichsten Form von Mobilität ausgegangen. Dem „Gang zu Fuß“. Daher haben wir unser Unternehmen Superpedestrian, beziehungsweise Superfußgänger genannt.

2) Mittlerweile gibt es einige Firmen, die Umrüst-Sets für Fahrräder anbieten. Was unterscheidet das Copenhagen Wheel von den anderen Lösungen?

Zuallererst möchte ich betonen, dass wir die am Markt erhältlichen Umbausätze nicht als unsere direkten Konkurrenten verstehen. Vielmehr sehen wir uns im Wettbewerb mit klassischen E-Bike-Anbietern. Auch sie verkaufen, aus unserer Perspektive, primär Antriebssysteme, die aus einem Fahrrad ein E-Bike machen. Diese sind jedoch nur für ein bestimmtes Fahrrad bestimmt und vormontiert. Daher sind Kunden dieser Unternehmen recht eingeschränkt, denn sie können sich nur für ein Fahrrad entscheiden. Wir im Gegensatz dazu haben mit dem Copenhagen Wheel den Anspruch für fast jedes Fahrrad geeignet zu sein. Dieser Fakt hebt uns deutlich von der Konkurrenz ab.

Eine weitere Besonderheit ist unser Hinterradantrieb. Andere Firmen haben es mit einem Vorderradantrieb oder Mittelmotor versucht, was jedoch viele Nachteile mit sich zieht. Auf unser Antriebssystem, welches die Pedalbewegung, Leistung, Kadenz, Beschleunigung und die Straßenneigung misst und sich dieser anpasst, besitzen wir das Patent. Die gemessenen Daten werden 100-mal in der Sekunde gemessen und an den Motor übertragen. Das macht unser System außerordentlich reaktionsschnell. Und darauf kommt es im Straßenverkehr an.

3) Gestern startete der Online-Verkauf des Copenhagen Wheels in Deutschland. Warum haben Sie sich gegen ein Vertriebsnetz entschieden?

Wir haben uns nicht gegen ein Vertriebsnetz entschieden. Wir beginnen jedoch mit dem Verkauf, über unseren Online-Shop. Da das Copenhagen Wheel erst nach Auftragseingang und nach individuellen Kundenwünschen montiert wird, ist der Online-Shop für unsere Kunden die erste Wahl. Es gibt 138 verschiedene Bauarten, die wir sehr schnell fertigen können. Wir haben extra dafür in den Niederlanden eine Montagefabrik errichtet, die spätestens zwei Tage nach Bestelleingang das gewünschte Produkt versendet. Für ein individuell montiertes Fahrrad ist das extrem schnell.

Gleichzeitig bilden wir jetzt schon ein europaweites Netzwerk aus Partnern, das im Frühjahr 2018 das Copenhagen Wheel im Sortiment haben wird. Wir versuchen dabei alle urbanen Regionen Europas zu berücksichtigen. Unsere Partner-Shops unterstützen wir unter anderem mit Haftpflichtversicherungen, Rädern zu Vorführzwecken, Marketing-Materialien, und natürlich mit hochmotivierten und qualifizierten Mitarbeitern.

4) Wenn Sie keine Vertretungen in Deutschland unterhalten: Wie können Sie einen guten Service gewährleisten?

Wir hatten bei der Entwicklung des Copenhagen Wheels den Anspruch ein Produkt zu entwickeln, das den höchsten Qualitäts-Standards genügt. Auch im direkten Vergleich mit Mittelmotor-, Hinterrad.- und Vorderrad-Systemen sehen wir die deutliche Überlegenheit unseres Systems. Anderthalb Jahre beziehungsweise hunderttausende Kilometer haben wir das Copenhagen Wheel auf Herz und Nieren getestet.

Aber tatsächlich können Fehler und Defekte nie gänzlich ausgeschlossen werden, dessen sind wir uns bewusst, auch wenn unser Produkt im Vergleich mit der Konkurrenz die geringste Fehlerquote aufweist. Daher bieten wir unseren Kunden durch unsere lokalen Partner-Shops und unsere Niederlassung in den Niederlanden eine ideale Unterstützung an. Der europäische Markt ist für uns alleine schon aufgrund seiner Größe von außerordentlicher Wichtigkeit. Daher war es uns wichtig, dass beispielsweise unsere deutschen Kunden einen schnellen und hochwertigen Service bekommen. Ziel hierbei ist es immer, falls es doch einmal zu einem Defekt kommen sollte, die Ausfallzeiten der Fahrräder so gering wie möglich zu halten.

Das Copenhagen Wheel

Bildquelle: Superpedestrian

5) Woher weiß ich, ob sich mein Rad für das Copenhagen Wheel eignet?

Das ist sehr leicht herauszufinden. Wenn Sie ein normales Erwachsenen-Fahrrad wie beispielsweise ein Rennrad oder ein Mountainbike besitzen, dass mit einer Felgenbremse ausgestattet ist, passt ein Copenhagen Wheel. Sollten bei der Bestellung Fragen auftauchen, beispielsweise bezüglich der Unterstützung von Scheibenbremsen oder Lastenfahrrädern, haben wir ein Online-Tool entwickelt, das dem Kunden dabei hilft das für ihn perfekte Copenhagen Wheel zu kreieren. Darüber hinaus besteht über die Funktion ”buy with an expert” die Möglichkeit einen Fachmann zu Rate zu ziehen. Dadurch können wir gewährleisten, dass der Kunde am Ende das für Ihn passende Copenhagen Wheel ersteht.

6) Der Markt für Pedelecs und E-Bikes boomt. Wie sieht es mit Umrüst-Lösungen aus? Was versprechen Sie sich speziell vom deutschen Markt?

Wir sehen das Copenhagen Wheel nicht primär als Umbausatz an. Natürlich können Sie es selbst installieren und Ihr Fahrrad damit umrüsten. Aber vielmehr verstehen wir es als ein verbessertes E-Bike, da nicht für einen speziellen Rahmen entwickelt wurde. Wenn man genau drüber nachdenkt ist ja eigentlich jedes System, beispielsweise mit Mittelmotor-Antrieb, ein Umbausatz.

Gleichzeitig haben solche Systeme aber viele Nachteile, wie eine verzögerte Kraftübertragung. Unser System dagegen ist nicht auf ein Fahrrad beschränkt und gleichzeitig fühlt sich eine Fahrt damit viel natürlicher an. Wir versprechen uns daher viel vom E-Bike-Markt im Allgemeinen und vom deutschen Markt im speziellen, denn das Fahrerlebnis mit dem Copenhagen Wheel ist ein ganz Besonders.

7) In den USA wird das Copenhagen Wheel bereits seit einiger Zeit produziert und verkauft. Wie läuft es? Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung?

Das ist richtig. In den USA ist das Copenhagen Wheel schon seit einiger Zeit erhältlich. Die Nachfrage war so enorm, dass wir bis April diesen Jahres ausverkauft waren. Viel wichtiger als tolle Verkaufszahlen ist uns jedoch das Feedback unserer Nutzer. Darunter waren so tolle Sätze wie „nachdem ich das Copenhagen Wheel gekauft habe, habe ich mein Auto verkauft“ oder „ich hasse E-Bikes, aber liebe dieses Teil“. Das ist zwar genau das Feedback war wir uns versprochen haben, aber es das wirklich zu bekommen ist überwältigend.

8) Welche weiteren Entwicklungen dürfen wir noch von Superpedestrian erwarten? Was sind die Pläne für die Zukunft?

Superpedestrian ist und bleibt ein Transport-Robotik-Unternehmen und unser Fokus liegt primär auf Ein-und Zwei-Personen-Beförderungsmittel. Teil unseres Unternehmens sind mehrere dutzend Ingenieure, die zu den besten in ihrem Feld zählen. Zusammen investieren wir viele Ressourcen in die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien, darunter im speziellen in die Bereiche Sensorik, Bedienelemente, Antriebstechnik und Rückkopplungsschleifen-Technik, aber auch in das Design fließen eine Menge Schweiß und Tränen. Dadurch wollen wir mit unseren Produkten immer neue Standards setzen.

Wir arbeiten gerade an einem kleinen Zwei-Personen-Fahrzeug, aber das ist offiziell noch top secret. Nur soviel sei gesagt: Unser Ziel ist es ein erschwingliches, voll elektrisch betriebenes, geschlossenes Fahrzeug zu entwickeln. Außerdem verbringen wir viel Zeit mit Themen wie Sensorik und Biometrie. Das dadurch erlangte geistige Eigentum ist neben unseren Mitarbeitern das Rückgrat von Superpedestrian. 

Vielen Dank für das Gespräch!

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