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Jonas Sägesser
Juwi

Jonas Sägesser

Interview mit Jonas Sägesser, Projektmanager Elektromobilität bei juwi

 

Wenn von der Energiewende die Rede ist, fällt irgendwann meist auch der Name juwi. Kaum ein deutsches Unternehmen verkörpert den Umstieg auf regenerative Energien so sehr wie die Firmengruppe mit Hauptsitz im rheinhessischen Wörrstadt. juwi entwickelt, finanziert und betreibt Anlagen in den Bereichen Solarstrom, Windenergie, Bioenergie und Wasserkraft. Und das überaus erfolgreich: 1996 von Fred Jung und Matthias Willenbacher als Zwei-Mann-Büro ins Leben gerufen, ist die Firmengruppe heute mit über 1.700 Mitarbeitern in 16 Ländern aktiv und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 1 Milliarde Euro (2012). juwi engagiert sich auch im Bereich Elektromobilität. Über die entsprechenden Aktivitäten seines Unternehmens gab Jonas Sägesser, Projektleiter Elektromobilität bei juwi, Auskunft.

 

eMobilitätOnline: juwi ist eines der führenden Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien. Welche Rolle spielt die Elektromobilität in Ihrem Unternehmen und was war ausschlaggebend für Ihr Engagement auf diesem neuen Gebiet?

 

Jonas Sägesser: Die juwi-Gruppe folgt der Vision „100% Erneuerbar“. juwi ist es aus diesem Grund sehr wichtig, das Thema Energiewende ganzheitlich anzugehen. Der Fokus der juwi-Gruppe liegt zwar auf der Projektierung von erneuerbaren Energien-Anlagen weltweit. Da es aber nicht nur darum geht, saubere Energie zu produzieren, sondern auch auf der Verbrauchsseite effizient und CO2-neutral zu agieren, stehen im juwi-Alltag auch Themen wie nachhaltige Firmengebäude und Bürokonzepte und natürlich auch die nachhaltige Mobilität im Blickpunkt. 2012 wurden in Deutschland über 50 Millionen Tonnen fossile Kraftstoffe für Mobilität verbraucht und ca. 125 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Diese Zahlen sprechen für sich und haben uns veranlasst, das Thema Elektromobilität als effizienteste Art der Mobilität aufzunehmen, in der Praxis zu erproben und in unserem Fuhrpark umzusetzen.

 

Ihr Unternehmen bietet sogenannte Elektromobilitäts-Pakete an. Was kann man sich darunter vorstellen? Wer ist derzeit Ihr Kundenkreis? Sind es hauptsächlich Privatpersonen, Unternehmen oder Kommunen?

 

In den Jahren 2011/12 haben wir ein Produkt-Portfolio im Bereich Elektromobilität entwickelt und erste Projekte umgesetzt. Der Fokus lag dabei auf den Rahmenbedingungen, die für den Einsatz von Elektrofahrzeugen notwendig sind, wie Ladeinfrastruktur, Solarcarports und einer Beratungsdienstleistung zur Umstellung von Unternehmensfuhrparks auf Elektromobilität.

Der Markt für Elektromobilität hat sich bis Mitte 2012 bei weitem nicht so positiv entwickelt wie allgemein erwartet wurde. Als sich Anfang 2012 auch noch die EEG-Novellierung abzeichnete, sah sich juwi Mitte 2012 leider gezwungen, die Aktivitäten im Bereich Elektromobilität zu reduzieren und den Schwerpunkt auf die Umstellung des eigenen Fuhrparks auf Elektromobilität und das damit verbundene, vom Bund (BMVI) im Rahmen der Modellregion Elektromobilität Rhein-Main geförderte Projekt eMOMA (Elektro-Mobilitätsmanagement - 100% Erneuerbare Energien, intelligenter Firmenfuhrpark und kommunizierende E-Fahrzeuge – Mobilitätsmanagement der Zukunft) zu legen.

 

Worum geht es bei eMOMA genau?

 

juwi leitet im Rahmen der Modellregion Elektromobilität Rhein-Main das besagte Förderprojekt eMOMA als Konsortialführer. Das Projekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert. Die Programmkoordination verantwortet die NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Gemeinsam mit den Projektpartnern EcoLibro GmbH und CSB-System AG, beschäftigt sich juwi seit Anfang September 2012 damit, am Praxisbeispiel juwi Nutzungsmodelle für den Einsatz von Elektrofahrzeugen in betrieblichen Fuhrparks zu entwickeln. Derzeit sind wir dabei, das bestehende Mobilitätskonzept der juwi-Gruppe  zu analysieren und auf dieser Basis ein nachhaltiges, kostenorientiertes und multimodales Mobilitätskonzept zu entwickeln. Ziel ist eine effiziente und nutzerfreundliche Umstellung von Poolfahrzeugen und personenbezogenen Dienstwagen mit Privatnutzung auf Elektromobilität.

Um den effizienten, sicheren und einfachen Einsatz von Elektrofahrzeugen in einem gemischten Fahrzeugpool zu gewährleisten, wird im Rahmen des Projekts außerdem eine Software zur effizienten und bedarfsgerechten Disposition von Elektrofahrzeugen entwickelt. Basis hierfür ist eine bestehende Dispositionssoftware. Ab Mitte 2014 soll den Mitarbeitern für dienstliche Fahrten mithilfe dieser Software automatisch ein Elektrofahrzeug zugeteilt werden, wenn dies den angegebenen Anforderungen entspricht. Da die Reichweitenangaben der Hersteller leider nicht immer belastbar sind, werden als Basis hierfür reale, im Betrieb erhobene Verbrauchsdaten der eingesetzten Elektrofahrzeuge verwendet.

Im Verlauf des Projekts, das sich bis zum 29.02.16 hinzieht, werden je nach Bedarf und  Entwicklung bis zu 50 optimal auf die Einsatzanforderungen angepasste E-Fahrzeugen (Dienst-& Poolfahrzeuge) eingesetzt. Durch das optimal angepasste Mobilitätskonzept und die im Verlauf des Projekts entwickelte Software soll eine erhebliche Steigerung der Nutzerakzeptanz beim Einsatz von Elektrofahrzeugen erreicht werden. Um Synergien mit anderen Projekten in der Modellregion Rhein-Main zu nutzen, ist juwi mit dem Projekt eMOMA Teil der »Allianz Elektromobilität«.

 

Wenn die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in den kommenden Jahren stark ansteigt: Wie kann man gewährleisten, dass der Energiebedarf aus regenerativen Quellen gespeist wird? Kann hier die juwi-Gruppe ihre Kernkompetenzen einbringen?

 

Grundsätzlich liegt die Entscheidung beim Verbraucher, woher er den Strom für sein Elektrofahrzeug bezieht. Da Elektromobilität aber nur im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien ihre große Stärke der nahezu CO2-freien Mobilität ausspielen kann, wäre es widersinnig, ein Elektrofahrzeug mit Strom aus dem deutschen Strommix zu betreiben. Wir begrüßen es daher sehr, dass einige Hersteller nun auch auf die notwendige Kombination des Elektrofahrzeugs mit einem Ökostromvertrag hinweisen.

Zum Thema zusätzlicher Bedarf an erneuerbaren Energien: Sollte die Zahl der Elektrofahrzeuge bis 2020 wie von der Bundesregierung geplant auf eine Million ansteigen, reden wir von einem jährlichen Strombedarf von 3-4 TWh. Im Vergleich zu der deutschen Bruttostromerzeugung im Jahr 2012 von 617 TWh ist das ein sehr geringer Wert. 2012 lag der Anteil an Erneuerbaren Energien bereits bei 22,7 % (136 TWh). 2020 wird der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland auf bis zu 47%, also 278 TWh, ansteigen. Daraus wird deutlich, dass wir uns über die Versorgung der Elektrofahrzeuge mit erneuerbaren Energien keine Sorgen machen müssen. Natürlich trägt juwi weiterhin wesentlich dazu bei, dass die Energiewende vorangetrieben wird.


Sind die hohen Anschaffungspreise und die fehlenden staatlichen Anreize, die nicht flächendeckende  Infrastruktur, die begrenzte Reichweite oder das mangelnde Vertrauen der Verbraucher verantwortlich für den schleppenden Absatz von Elektroautos? Welche Maßnahmen würden Ihrer Meinung nach den Umschwung einleiten?

 

Die hohen Anschaffungspreise und die fehlenden Anreizsysteme sind sicher noch ein wichtiger Faktor. Unseres Erachtens sind Themen wie Infrastruktur und Reichweiten zwar Herausforderung, sind jedoch durch gute Organisation zu meistern. Da bei einem konventionellen Fahrzeug mit Navi kaum geplant werden muss, ist die Hürde zum Elektrofahrzeug natürlich wesentlich höher. Daher ist es notwendig, den organisatorischen Aufwand beim Einsatz von Elektrofahrzeugen durch gute Konzepte und softwarebasierte Hilfsmittel so unkompliziert und sicher wie möglich zu gestalten (siehe Förderprojekt eMOMA).

 

Wie Sie beschrieben haben, hat juwi selbst bereits frühzeitig Elektroautos in seinen Fuhrpark integriert. Was sind Ihre Erfahrungen bisher? Wie werden die Fahrzeuge angenommen?

 

Wir nutzen schon seit 2009 Elektrofahrzeuge in unserem Fuhrpark. Mit den Tesla Roadstern hatten wir natürlich ein Elektroauto, das dem Thema wieder unwahrscheinlich viel Dynamik gegeben hat und allen gezeigt hat: „Elektromobilität funktioniert UND macht Spaß!“ In der Tat hatten wir viel Spaß und natürlich auch Aufmerksamkeit mit diesen Fahrzeugen. Es war aber erst Ende 2010 soweit, dass wir mit einem Mitsubishi i-MiEV das erste Alltags-Elektrofahrzeug in den Fuhrpark integrieren konnten. Der i-MiEV war für uns auch ein richtiges Aha-Erlebnis. Elektromobilität funktioniert auch im Alltag! Im Verlauf des Jahres 2011 wurden insgesamt neun  Mitsubishi i-MiEV und drei Nissan Leaf, 2012 dann drei Mercedes A-Klasse E-Cell, zwei Opel Ampera und ein Renault Fluence als personenbezogene Dienstwagen an Kollegen übergeben. Damit das funktionierte, mussten wir natürlich einige wichtige Rahmenbedingungen schaffen (bspw. Mobilitätsgarantie, Kompensation der hohen Versteuerung des E-Dienstwagens, etc.). Seit dem Einsatz der ersten serienmäßigen Elektrofahrzeuge freut es uns festzustellen, dass mit jedem neuen Elektrofahrzeug die Entwicklung weiter geht und wir Schritt für Schritt mehr Auto fürs Geld bekommen.

Beim Einsatz der ersten Fahrzeuge wurde relativ schnell deutlich, dass die Herstellerangaben zur Reichweite nicht realistisch sind. Leider ist dies bei allen Elektrofahrzeugen bis heute so geblieben. Wir hoffen zwar nach wie vor, dass die Hersteller zukünftig realistischere Reichweiteangaben zu ihren Fahrzeugen machen, denn dies spielt natürlich stark in das Thema „Akzeptanzsteigerung“ hinein. Wenn der Hersteller 150 Kilometer angibt und das Fahrzeug im Winter nur 60 Kilometer schafft, ist das Urteil „Elektromobilität kann nicht halten, was sie verspricht“ natürlich schnell gefällt.

Unsere Erfahrung mit den bereits eingesetzten Elektrofahrzeugen ist aber dennoch positiv.  Denn mit den notwendigen Rahmenbedingungen macht der Einsatz von Elektrofahrzeugen einfach Spaß. Die Elektrofahrzeuge werden von unseren Kollegen bislang gut angenommen, wenngleich der Einsatz von elektrischen Poolfahrzeugen aktuell nur einem kleinen Kreis von Mitarbeitern möglich ist. Mit dem Einsatz des Dispositionssystems Mitte dieses Jahres sollen die Fahrzeuge noch besser angenommen und ausgelastet werden. Dass Elektrofahrzeuge bei uns auch als Dienstwagen gut einsetzbar sind, wird daran deutlich, dass drei unserer vier Vorstände einen Elektro-Dienstwagen fahren.

 

Eine persönliche Frage am Schluss: Fahren Sie selbst ein Elektroauto?

 

Privat fahre ich nach wie vor ein konventionelles Fahrzeug. Ich lasse aber keine Möglichkeit aus, bei dienstlichen Fahrten auf ein Elektrofahrzeug zurück zu greifen.

 

Vielen Dank für das Gespräch!