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Professor Dr. Thomas S. Spengler, Institut für Automobilwirtschaft und Industrielle Produktion sowie Vorstandsmitglied des NFF der TU Braunschweig
AIP/TU Braunschweig

Professor Dr. Thomas S. Spengler, Institut für Automobilwirtschaft und Industrielle Produktion sowie Vorstandsmitglied des NFF der TU Braunschweig

Um eine Kaufprämie für Elektroautos wird immer noch gestritten, das Finanzministerium lehnt sie weiterhin strikt ab. Möglicherweise wird es einen Kompromiss geben: Medienberichten zufolge wird aktuell geprüft, ob der private Kauf von Elektroautos steuerlich gefördert werden könnte. Entsprechende Gespräche seien auf einem guten Weg.

Derweil haben Wirtschaftswissenschaftler des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik der Technischen Universität Braunschweig mögliche Auswirkungen der Kaufprämie auf den Automobilmarkt untersucht – der letzte Vorschlag lautete 5.000 Euro für private und 3.000 Euro für gewerbliche Elektroauto-Käufer, die ab Juli 2016 ausgeschüttet und jährlich um 500 Euro reduziert werden. Als Gesamtkosten sind 1,3 Milliarden Euro im Gespräch, 40 Prozent sollen von den Automobilherstellern getragen werden. Die Wissenschaftler sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die aktuell diskutierte Kaufprämie für Elektroautos nicht rechne.

Selbst Verdoppelung der Elektroauto-Kaufprämie soll nicht zielführend sein

 

Das Team um Professor Thomas Spengler erwartet durch die staatliche Finanzspritze zusätzlich nur etwa 23.000 und insgesamt 389.000 Elektroautos bis zum Jahr 2020 – zu einem "Preis" von insgesamt 832 Millionen Euro. "Die geplante Kaufprämie für Elektroautos verfehlt ihre Wirkung. Unsere Simulationen zeigen, dass selbst bei einer Verdoppelung der Prämie das Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2020 nicht erreicht werden wird", erklärt Professor Thomas Spengler. "Bislang ist völlig unklar, wie groß der Effekt einer Kaufprämie ist, wie sie aktuell in der Bundesregierung debattiert wird", fügt Dr. Karsten Kieckhäfer aus, der im Team von Professor Spengler Simulationsmodelle zur Analyse des Automobilmarkts erforscht und entwickelt.

Die Wirtschaftswissenschaftler haben mit dem Marktsimulationsmodell "AmaSi" untersucht, wie sich die vorgeschlagene Kaufprämie auf den deutschen Automobilmarkt auswirken kann. Dabei wurden 2 konkrete Szenarien ohne und mit Fördermaßnahmen analysiert. Bei dem Basisszenario, das angewendet auf die vergangenen Jahre die realen Verkaufszahlen mit hoher Genauigkeit abgebildet haben soll, sei bis zum Ende des Jahres 2020 mit einem Elektroauto-Bestand von 366.000 Fahrzeugen zu rechnen, so Kieckhäfer. In dem zweiten, optimistischen Szenario, bei dem von einer stärkeren Wirkung von Werbemaßnahmen und Mundpropaganda ausgegangen wurde, beliefen sich die Berechnungen des Forscherteams auf 713.000 Elektroautos. "Die Anwendung unseres Modells auf den deutschen PKW-Markt zeigt, dass ohne aktives Eingreifen seitens der Hersteller und der Politik sowie ohne eine starke Veränderung des Kundenverhaltens das Ziel der Bundesregierung deutlich verfehlt werden wird", so Kieckhäfer.

Forscher plädieren für nachhaltige Alternativen zur Kaufprämie

 

Wird die Kaufprämie in der Analyse berücksichtigt, können nach den Berechnungen der Wirtschaftswissenschaftler bis zum Jahr 2020 im Basisszenario etwa 23.000 und im optimistischen Szenario 47.000 Elektroautos mehr verkauft werden, was zu einem Bestand von 389.000 beziehungsweise 760.000 E-Autos führe. Zudem soll die Summe für das optimistische Szenario mit 1,49 Milliarden Euro das geplante Budget deutlich übersteigen, ohne dass damit das angestrebte Millionenziel erreicht werden könne. Selbst wenn die Kaufprämie auf 10.000 Euro verdoppelt würde, soll das nach Ansicht der Braunschweiger Forscher im Basisszenario nur zu einem Bestand von 459.000 und im optimistischen Szenario von 886.000 E-Autos im Jahr 2020 führen – und mit Kosten von 3,82 Milliarden Euro bzw. 7,28 Milliarden Euro das geplante Budget um ein Vielfaches übersteigen.

Nach Meinung von Prof. Spengler eigneten sich als nachhaltige Alternative zur Kaufprämie Investitionen in die Ladeinfrastruktur sowie in die Weiterentwicklung der Batterietechnologie zur Verbesserung der Reichweite und Senkung der Produktionskosten. Diese Investitionen sollen im Gegensatz zur Kaufprämie auch über das Jahr 2020 hinaus wirken und die notwendigen Voraussetzungen für den langfristigen Erfolg der Elektromobilität schaffen. Schließlich könne die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen weiteren Schwung bekommen, wenn auch in der öffentlichen Beschaffung verstärkt auf Elektrofahrzeuge gesetzt werde.

 

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