Bewertung: 0 / 5

Brunswyk | [CC BY-SA 3.0] |  via Wikimedia Commons

Beinahe unmerkt vom Rest Europas hat im Baltikum Anfang dieses Jahres ein einzigartiges Pilotprojekt für nachhaltigen Verkehr begonnen. Das estische Tallinn öffnete Anfang 2013 als erste Haupstadt überhaupt seinen Personennahverkehr für alle Einwohner. Die Benutzung ist seitdem kostenlos. Wie das Mitgliedermagazin des Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) in seiner Septemberausgabe berichtete, ziehen die Verantwortlichen nun eine erste, sehr positive Bilanz. Was überraschen mag: Der kostenlose ÖPNV wirkt sich nicht negativ auf die Stadtkasse aus, sondern finanziert sich selber.

Der Hintergrund: Zugang zum Transportnetz der städtischen Busse mit und ohne Oberleitung sowie der Straßenbahnen erhält nur, wer Einwohner von Tallinn ist und eine entsprechende Zugangskarte beantragt hat. Allein im ersten Halbjahr 2013 hat dies dazu geführt, dass ca. 11.000 Menschen in der Hauptstadt ihren Wohnsitz angemeldet haben. Pro 1.000 Einwohner kann die Stadtverwaltung mit ca. 1 Million € Steuermehreinnahmen rechnen, was insgesamt einen positiven Effekt von ca. 11 Millionen Euro ausmacht. Auf der Gegenseite fehlen der Stadt jährlich 12 Millionen Euro aus Ticketverkäufen. Diese Einnahmenausfälle sind somit bereits jetzt nahezu durch die höhere Zahl registrierter Einwohner kompensiert.

 

15% Reduktion innerstädtischen Verkehrs

 

Die Reaktionen auf den kostenlosen ÖPNV sind bisher sehr positiv. So wird berichtet, dass im ersten Halbjahr 2013 seit der Öffnung die Anzahl der beförderten Passagiere um 10 % gestiegen ist und sich gleichzeitig der innerstädtische PKW-Verkehr um 15% verringerte. Darüber hinaus versprechen sich die Verantwortlichen von dem System auf lange Sicht positive Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit und das Wirtschaftswachstum der Stadt. Um den ÖPNV kostenfrei benutzen zu können, muss vom Fahrgast lediglich eine Chip-Karte für 2 € erworben werden, die dann in allen Verkehrsmitteln an einem Lesegerät die Fahrt validiert. Einen negativen Effekt können die Verantwortlichen jedoch ausmachen: Weil die Benutzung für alle nun so einfach und umsonst ist, werden die Fahrzeuge auch für Kurzstrecken verstärkt genutzt. Dies führt auf bestimmten Linien zu einer Überfüllung der Fahrzeuge.

 

Quelle: Mitgliedermagazin des Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) via Eltis.org

Relevante Anbieter

Newsletter